Hallo liebe Menschen,
ich bin 24 Jahre alt und studiere in der wunderschönen Studentenstadt Jena.
Meine Geschichte ging leider schon recht früh los. Ich hatte schon immer ziemlich kräftige Beine, war aber nicht wirklich übergewichtig. Mit 15 Jahren wurde es richtig deutlich. Meine Mutter äußerte da das erste mal den Verdacht auf ein Lipödem. Von meiner restlichen Familie habe ich immer nur zu hören bekommen, ich sei zu dick und solle doch mehr Sport machen. Gesagt, getan. Doch trotz 5 Tage Sport in der Woche und einem Sportleistungskurs war keine Besserung in Sicht. Den Verdacht meiner Mutter hatte ich natürlich längst vergessen und so habe ich es ignoriert und dachte, dass ich mein Stoffwechsel einfach nicht zulässt, dass ich dem typischen Schönheitsideal entspreche. Dem Selbstbewusstsein tut das natürlich nicht gut. Ich wollte doch nur dazu gehören.
Letztes Jahr im Mai merkte ich es plötzlich. Nach einer vier stündigen Autofahrt hatte ich so starke Schmerzen in der Wade, dass ich zwei Nächte nicht schlafen konnte. Ich merkte, dass langes Sitzen einfach nicht möglich ist. Jede Vorlesung in der Uni wurde zur Qual, die Nächte zum Alptraum. Im Oktober entschloss ich mich dann zum Arzt zu gehen. Eine un erfolgreichen Physiotherapie, ein Besuch beim Orthopäden und einem weiteren Hausarztbesuch später, bin ich dann beim Venenarzt gelandet. Mittlerweile war es April. Ihr könnt euch vorstellen, wie es mir mit einem Jahr Schmerzen ging. Hier kam dann endlich die Diagnose, die meine Mutter schon neun Jahre zuvor aufgestellt hatte. Ein Lipödem. Stadium II.
Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie das für mich war. Einerseits war ich erleichtert. Endlich gab es eine Erklärung, warum ich am Oberkörper Kleidergröße S-M und am Unterkörper L-XL trage. Endlich wusste ich, woher mein schwaches Bindegewebe kommt. Doch auf der anderen Seite empfand ich tiefe Trauer. Ich war doch erst 23 Jahre alt. Mein Leben lang eingeschränkt sein durch Kompris. Und dabei habe ich nur einen kleinen Teil meines Lebens bisher gelebt. Ich habe geheult. Meine Mutter 400km weit weg. Ich habe mich selten so einsam gefühlt.
Nachdem ich mich wieder gefangen habe ging es los. Kompri bestellt und abgeholt. Und ich erzähle euch nichts neues, aber die Schmerzen waren weg. Es hat keine drei Tage gedauert, da konnte ich wieder schlafen - ohne Schmerzen. Konnte in den Vorlesungen sitzen - ohne Qual. Konnte Autofahrten absolvieren - ohne anschließend die Beine hochlegen zu müssen.
Alleine war ich trotzdem. Ich kenne leider keinen Menschen, der diese Krankheit hat. Habe auch sonst eher wenig Informationen darüber. Vor ein paar Wochen kam die neue Diagnose: Lipolymphödem. Bekomme nun also auch Lymphdrainage. Und das mit 24. Ich wollte nicht mehr alleine sein, niemanden haben, mit dem ich darüber reden kann, keinen kennen, der mich versteht. Und so bin ich auf euch gestoßen. Ich bin euch so Dankbar, dass ihr das alles aufrecht haltet. Dass ich hier vielleicht eine Möglichkeit finden kann, mich nicht mehr alleine unter Model-Mädels zu fühlen.
Ich hoffe sehr, dass der Text nicht zu lang geworden ist. Dass ihr mich nun auch ein bisschen einschätzen könnt und kennen lernen konntet.
Ich freue mich auf euch,
Karo